„Eigentlich bin ich ziemlich trainingsfaul“

Elisabeth van Bo?mmel war Nummer eins der Weltrangliste und fegt in der Regionalliga bis heute die weit ju?ngere Konkurrenz vom Platz.
VON GORDON PA?SCHEL
JEVER – Mit Frauen und ihrem Alter ist das ja so eine Sache. Danach zu fragen geziemt sich nicht. Und doch kommt ein Gespra?ch mit Elisabeth van Bo?mmel nur schwerlich an diesem Thema vorbei. Denn zum einen feiert sie
heute ihren 75. zum anderen sorgt sie gerade wegen ihres Alters fu?r Staunen. Scheinbar mu?helos spielt Jevers erfolgreichste Tennisdame regelma?ßig bei nationalen und internationalen Meisterschaften mit und tritt mit der Mannschaft Damen 50 des MTV Jever in dieser Saison wieder in der Regionalliga Nordost an. Wohlgemerkt: Ihre Gegnerinnen sind hier bis zu 25 Jahre ju?nger. Und nicht selten unterliegen sie. Dass sich Elisabeth van Bo?mmel bis heute mit der weitaus ju?ngeren Konkurrenz messen kann und in der Altersklasse Damen 65 sogar schon Nummer eins in der Weltrangliste war, verdanke sie vor allem zwei Dingen, sagt sie: Ihrem Ehrgeiz, der von ihrem Mann immer wieder angefacht werde, und der großen Leidenschaft fu?r das Tennis. „Ich bin keine Supersportlerin und eigentlich ziemlich trainingsfaul“, will sie ihre Leistungen relativiert sehen. Sie spiele halt einfach gerne Tennis. Gemeinsam mit ihrem gleichaltrigen Mann, mit dem sie 1968 von Mu?lheim an der Ruhr nach Jever gezogen war, hat sie erst mit 37 Jahren ihre erste U?bungsstunde genommen. Damals, 1974, blieb der sogenannte weiße Sport nur einer Minderheit vorbehalten. Es waren vor allem A?rzte, wohlhabende Gescha?ftsleute und gut betuchte Akademiker, die einem Verein beitreten konnten. Um beim Wilhelmshavener Tennisund HockeyClub ( WTHC) aufgenommen zu werden, bu?rgte der damalige Brauereidirektor des Friesischen Brauhauses zu Jever, Gernot Bo?ttrich, fu?r die van Bo?mmels.
Es dauerte nicht lange, da war das ehrgeizige Ehepaar endgu?ltig vom Tennisvirus infiziert. „Wir waren so verru?ckt, dass wir sogar im Winter im Freien gespielt haben,“ erza?hlt Elisabeth van Bo?mmel. Tagsu?ber trainierten sie dann mit Mu?tze und Schal auf dem Platz, abends durchsto?berten sie Fachbu?cher mit den neuesten sportwissenschaftlichen Erkenntnissen. „Vieles haben wir uns letztlich selbst beigebracht.“ Anfang der 1980er-Jahre wechselte die zweifache Mutter zum MTV nach Jever, wo sie unter anderem an der Seite von Elke Krebs und Marina Otto am Punktspielbetrieb teilnahm. Noch heute bilden diese drei Damen einen Teil der MTV-Mannschaft. Wenn sie zu ihren Auswa?rtsspielen in der Regionalliga bis nach Neumu?nster, Hannover oder Berlin fahren, mieten sie einen Neunsitzer und lassen sich von einem der Ehema?nner fahren. Schließlich dauern die Begegnungen bis zu sieben Stunden. Die Anund Abreise erfolgt meist am gleichen Tag.
Weitaus weniger anstrengend sind die Starts bei Turnieren. Mehrmals im Jahr reist sie dafu?r unter anderem nach ?sterreich oder Mallorca, Kroatien oder Italien. Zurzeit befindet sie sich in der Tu?rkei. In Manavgat tritt sie bei einem internationalen Wettkampf an. „Es ist eine Riesenanlage mit 63 Pla?tzen“, schwa?rmt sie von den Rahmenbedingungen im Luxus-Ressort. Der Sport hat aber auch seine Schattenseiten: Zweimal wurden ihre Begeisterung und ihr Engagement in den vergangenen Jahren auch auf eine harte Probe gestellt. 2002, bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Essen, knickte Elisabeth van Bo?mmel auf dem Teppichboden folgenschwer um. Es dauerte Wochen, ehe sie nach dem doppelten Ba?nderriss im Sprunggelenk wieder auf den Court zuru?ckkehrte. Noch schlimmer traf es sie 2007. Mitten in einem Tennismatch riss der Ansatz des Gesa?ßmuskels, der gro?ßte Muskel im menschlichen Ko?rper. „Richtig geknallt“ habe es, als es passierte, erinnert sie sich.
Trotz der beiden Verletzungen und der damit verbundenen Mu?hen, sich wieder heranzuka?mpfen, habe sie nie daran gedacht, aufzuho?ren. Es gebe eigentlich nur einen triftigen Grund, sich endgu?ltig vom Turnierund Wettkampftennis zuru?ckzuziehen: „Wenn ich weniger als die Ha?lfte meiner Spiele gewinne, ho?re ich auf“, sagt Elisabeth van Bo?mmel. Nach kurzem Zo?gern relativiert sie: „Dann spiele ich nur noch mit meinem Mann.“ Ganz aufzuho?ren ko?nne sie sich nicht vorstellen. Dafu?r macht ihr der Sport einfach zu viel Spaß.

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