Kia Bu und der Traum von Wimbledon
Zu Turnieren und Punktspielen hatte Kai Bu erst gar keine Lust. Ihr Ziel ist es, Profi zu werden.
VON KATHRIN KRAFT
JEVER – Auf die Frage, was es einmal werden möchte, wenn es groß ist, lautet die Antwort eines zehnjährigen Mädchens oft: Krankenschwester, Tierärztin, Schauspielerin oder Sängerin. Meistens ändert sich dieser Wunsch noch, aber mit zehn Jahren sind dies scheinbar noch die beliebtesten Berufe. Kia Bu hat da andere Vorstellungen. Sie hat einen anderen Traumberuf: Profi-Tennisspielerin.
Kia träumt davon, eines Tages das berühmte Rasenturnier von Wimbledon zu spielen und Aufschläge zu setzen wie ihr großes Vorbild Olympiasiegerin Serena Williams. „Nur sie schafft es, vier Asse in einem Spiel zu machen“, schwärmt das Nachwuchstalent vom MTV Jever. Bis dahin sind aber noch viele, viele übungsstunden erforderlich. Das weiß auch Kia. „Ich will mich aber immer weiter verbessern“, sagt die Zehnjährige selbstbewusst. Denn sie ist sich auch sicher, dass es immer etwas zu verbessern gibt. „Ich weiß nicht, ob ich gut bin. Ich schaue nur, was ich falsch mache, und was ich besser machen kann“, erklärt sie.
Dass sie für ihr Alter schon ganz schön gut ist, zeigen aber die Ergebnisse verschiedener Turniere und Wettkämpfe. Im vergangenen Sommer wurde sie bei der weltweit größten Tennis-Turnierserie für Jugendliche bis 16 Jahren, dem Ouatt (Once Upon A Time Tennis) in La Baule/Frankreich, mit ihrer Partnerin aus Stuttgart Siegerin in der Doppelkonkurrenz der AltersklasseU9/U10.
Am besten gefallen haben ihr aber die kürzlich stattfindenden Regionsmeisterschaften. Die damals noch neunjährige Kia mischte das Feld der U 14-Spielerinnen mächtig auf und holte sich den heiß begehrten Titel. „Erst habe ich noch gedacht, wie soll ich gegen die denn was hinkriegen?“, beschreibt Kia ihre Gedanken beim Anblick der durchweg größeren und älteren Mädchen. Diesen kleinen Nachteil machte die Jeveranerin aber durch ihren Kampfgeist wieder wett. „Ich habe an nichts gedacht und einfach gespielt“, erklärt sie ihr Erfolgsgeheimnis. Ihr nächstes Ziel heißt nun: Landesmeisterschaft.
Dabei hatte Kia erst gar keine Lust, an Turnieren oder Punktspielen teilzunehmen. Mittlerweile macht es ihr aber schon Spaß. „Immer ein bisschen mehr“, sagt sie. Und mit dem Spaß an Turnieren wächst auch die Pokalsammlung im heimischen Wohnzimmer. Dort auf dem Schrank stehen die Auszeichnungen, die die Grundschülerin in den letzten dreieinhalb Jahren gesammelt hat.
Da war sie sechs Jahre alt und begann mit dem Tennissport. „Ich wollte unbedingt Sport machen und mein Papa hat gefragt, was ich denn machen möchte“, beschreibt sie die Situation. Eigentlich wollte sie Tischtennis sagen, weil das auch der Hausund Hofsport des Vaters war. Der allerdings schlug Kia vor, es einmal mit Tennis zu probieren, und das war genau das Richtige für sie. Anfangs hat sie nebenbei noch Ballett gemacht. Tennis gefiel ihr aber besser, sodass Kia das Tanzen bald wieder aufgab.
Mittlerweile hat die Pferdefreundin auch gar keine Zeit mehr für anderen Sport. Dreimal in der Woche stehen Tennisstunden auf dem Tagesplan: dienstags Regionstraining in Oldenburg, mittwochs Einzeltraining in Jever, donnerstags erst Einzeldann Gruppentraining. Und weil Kia nicht genug bekommen kann vom Tennis, geht sie zweimal die Woche mit ihrem Vater auf den Platz, um allein an ihrem Spiel zu feilen.
Zeit für andere Dinge bleibt da natürlich wenig. Wenn die Viertklässlerin aber doch einmal ein bisschen Pause vom Tennis macht, dann liest sie ein Buch oder schaut fern. Dabei kann es aber doch wieder passieren, dass sie beim Sportprogramm hängen bleibt und Tennis schaut. Sport ist halt ihr Leben.
Darauf sind auch schon andere aufmerksam geworden. Mit dem Tennisausstatter Wilson hat die Zehnjährige einen einjährigen Sponsorenvertrag. Die große Tasche, die sie dadurch bekommen hat und die fast so groß ist wie sie selber, begleitet sie bei allen Trainingseinheiten und Turnieren. Vier Schläger stecken darin, außerdem alles, was sie zum Tennisspielen braucht. Rock, Shirt und ganz wichtig: der Haarreif. Ohne den würden ihr die Haare nämlich tief in die Augen hängen, und „das stört beim Spielen“, wie Kia bereits aus Erfahrung berichtet.
Erfahrungen hat sie in den dreieinhalb Jahren ihrer bisherigen Karriere bereits viele gesammelt. Sie kann sie sich nicht vorstellen, einmal selber Stunden für andere zu geben. Erstmal möchte sie selber spielen und viel erreichen. Einen Anfängertipp hat sie aber trotzdem: Nie aus dem Handgelenk spielen.